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Strategieführer

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Gedanken zur Kantenstrategie

Eine besondere Beachtung verdienen neben den Eckfeldern auch die Kantenfelder, da sie einerseits stark den Kampf um die Ecken beeinflussen und andererseits schnell zu sicheren Steinen werden können. Wir werden die Kanten in der weiteren Untersuchung der Einfachheit halber isoliert betrachten, nehmen also an, jeder der beiden Spieler könne zu jedem Zeitpunkt auf jedes Kantenfeld setzen. Dies ist zwar im wirklichen Spiel fast nie der Fall, ermöglicht aber, bestimmte Situationen an der Kante als wahrscheinlich besser oder wahrscheinlich schlechter zu entlarven, ohne einen kompletten Überblick über das Spielfeld zu haben. Die Vereinfachung wird uns erlauben, einige einfach anzuwendende Strategien für Kanten zu entwickeln sowie vermeidbare Fehler herauszufinden.

Die direkt an die Ecken grenzenden Kantenfelder werden C-Felder genannt, die diagonalen Nachbarfelder der Ecken nennt man X-Felder (dies nur zur Vollständigkeit, es sind keine Kantensteine). Der einfacheren Beschreibung halber werden die Kantensteine von 1 bis 8 nummeriert.

             a  b  c  d  e  f  g  h
          1  .  C  .  .  .  .  C  . 1
          2  C  X  .  .  .  .  X  C 2
          3  .  .  .  .  .  .  .  . 3
          4  .  .  .  .  .  .  .  . 4
          5  .  .  .  .  .  .  .  . 5
          6  .  .  .  .  .  .  .  . 6
          7  C  X  .  .  .  .  X  C 7
          8  .  C  .  .  .  .  C  . 8
             a  b  c  d  e  f  g  h
          

Vermeidbare Fehler

Prinzipiell ist es sicherlich gefährlich, auf C- oder X- Felder zu setzen, da dies dem Gegner im weiteren Spielverlauf relativ leicht Zugmöglichkeiten in die Ecke gibt. Lässt sich ein solcher Zug dann nicht an anderer Stelle vermeiden, ist mindestens schon die Ecke verloren, und in den meisten Fällen wird man wohl auch Teile der Kante abgeben.

Diese Faustregel lässt sich noch durch folgendes Rezept verschärfen, das dem Gegner die Ecke schon fast garantiert: setzt man selbst - im folgenden stets Schwarz - auf das C-Feld 2 und auf Feld 4, muss Weiß nur noch einen Stein auf Feld 3 platzieren und Schwarz kann diesen nicht mehr umdrehen, gibt also Weiß eine Möglichkeit, im nächsten Zug in die Ecke 1 zu setzen.

Eine ähnliche Situation in der Mitte der Kante, zum Beispiel Feld 3 Schwarz, Feld 4 Weiß und Feld 5 wieder Schwarz ist zwar nicht so kritisch wie die eben beschriebene, verschafft Weiß aber einen vorerst stabilen Stein an der Kante, der wunderbar als "Gegenstück" wirken kann, wenn z.B. Schwarz einmal auf das C-Feld 2 setzen muss.

Zusammenhängende Kanten mit vielen Steinen

In Anfängerkreisen ist eine verbreitete Meinung, viele Kantensteine zu besitzen wäre günstig. Sicherlich bieten Kantensteine eine gewisse "potentielle Mobilität", will sagen, sie können oft als Gegenstück dienen, erzeugen also indirekt Zugmöglichkeiten. Richten wir unser Augenmerk zunächst also auf Kanten mit vier oder mehr schwarzen Steinen, die zusammenhängend liegen.

Eine brauchbare Kantensituation ist z.B. 3,4,5 und 6 Schwarz. Dieser ausbalancierte Vierer führt nicht zu einem unabwendbaren Eckenverlust, d.h. allein aus der Kante ergibt sich keine Gefährdung mehr. Und selbst wenn Weiß z.B. über die Diagonale eine Ecke erhalten sollte, verliert Schwarz nicht direkt die andere.

Schauen wir uns fünf zusammenliegende Steine an der Kante an - 2,3,4,5,6 Schwarz. Diese sogenannte unbalancierte Kante ist mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Hier gibt es für Weiß unter Umständen die Möglichkeit des "Keils": Bekommt Schwarz die Ecke 8, und Weiß kann auf C-Feld 7 setzen, verliert schwarz nicht nur die Ecke 1, sondern gleich auch noch die ganze Kante. Ist man darauf gefasst, bedeutet diese Kante aber ebenfalls keine direkte Gefahr.

Sechs zusammenhängende Steine an der Kante bergen die Gefahr, bei einem Eckenverlust auf anderem Wege sofort die komplette Kante zu verlieren, werden aber andererseits unmittelbar zu sicheren Steinen, wenn Schwarz die Ecke selbst erhält.

Prinzipiell scheinen die zusammenhängenden Kanten also recht erstrebenswert zu sein. Befassen wir uns damit, wie man zu ihnen gelangt:

Gerade und ungerade Lücken

Aus der Überlegung heraus, dass man gerne zusammenhängende Kanten erreichen möchte und nicht unbedingt halbsichere gegnerische Steine wünscht (siehe vermeidbare Fehler), ergibt sich, dass man dem Gegner möglichst Lücken einer geraden Anzahl von Feldern vorsetzen sollte. Zur Erläuterung ein Beispiel: Die Kante 3,6 Schwarz enthält eine solche "gerade Lücke". Setzt Weiß in die Lücke, kann Schwarz daraus einen balancierten Vierer machen. Schwarz sollte dann selbstverständlich nicht selbst in diese Lücke setzen, da dann Weiß einen relativ stabilen Stein in der Restlücke platzieren könnte. Ein Durchspielen bei ungeraden Lücken ergibt, dass Weiß eigentlich immer zu direkt eingeschlossenen, also einem "halbsicheren" Stein kommen kann, schwarz wird also ungerade Lücken vermeiden wollen.

Kurze Zusammenfassung als Faustregeln:

- keine ungeraden, speziell keine einzelnen Lücken lassen
- Vorsicht vor C- und X-Feldern
- die Möglichkeit des Keils bedenken
- nicht um jeden Preis irgendwelche Steine an der Kante platzieren

Mobilität

In den vorhergehenden Kapiteln wurde gezeigt, dass bestimmte Züge anderen vorzuziehen sind, aber kein Konzept für eine erfolgreiche Strategie genannt. Es ist wichtig, Kontrolle über das Spiel zu haben und den Gegner so zu ungünstigen Zügen zu zwingen, etwa in C-Felder. Ein Maß dafür ist die Mobilität:
Die Mobilität ist die Anzahl der möglichen Züge eines Spielers. Die Mobilität des Gegners ist möglichst gering und die eigene möglichst hoch zu halten.

Um die Mobilität des Gegners möglichst gering zu halten,
1. sollte man nicht so setzen, dass Steine an der Front zu eigenen werden.
2. setzt man nicht in Gegenden, wo der Gegner gar keine Zugmöglichkeiten hat.
3. setzt man in eine Gegend mit möglichst geringer eigener bzw. möglichst großer gegnerischer Mobilität, da so die sich durch den Zug ergebenden Möglichkeiten meist schon vorher gegeben waren.


Abb. 01: Weiß am Zug

Mögliche Züge:
- Wie in den vorhergehenden Kapiteln gesehen sind Züge in X und C-Felder schlecht.
- Schwarz hat im Osten keine Zugmöglichkeit außer g8. Weiß sollte nicht hierhin ziehen, besonders nicht auf f3, was zu vier "Frontiers" (f4-f7) führt.
- Es bleiben die Züge a4-a6 und b6. Davon sind die Züge a5 und b6 schlecht: Sie verhindern Zugmöglichkeiten von Weiß im Südwesten und verringern so die Mobilität.
Günstige Züge: a4 und a6.

Die strikte Einhaltung dieses Prinzips kann aber manchmal zu einem Nachteil führen. (Checkerboarding und wipe-out)


Abb. 02: Bei der angegebenen Zugfolge f5-f4-g5 dreht Schwarz ein Minimum an weißen Steinen um.

Die resultierende Situation sieht aber so aus:

Abb. 03

Schwarz ist am Zug und hat hier nur noch 4 Züge (c2, b2, f6, h4), von denen einer ein X-Feld ist. Weiß hat nach dem Zug von Schwarz viel mehr Mobilität.


Abb. 04

Weiß kann hier f7 ziehen. Damit wird zwar die ganze Frontier dort weiß, aber Schwarz kann nur noch b4, d6, g5 oder g2 ziehen. Auf b4, d6 oder g5 könnte Weiß mit a5, d7 bzw. h6 den schwarzen Spieler völlig vom Brett fegen ("wipe-out"), der damit 0-64 verloren hätte. Schwarz muss also g2 spielen und damit Weiß über kurz oder lang die Ecke a1 schenken. Wäre z.B. c2 auch noch weiß, könnte Schwarz gar nicht mehr verhindern, ausgelöscht zu werden.

Tempo

Tempo ist ein etwas spezielleres Konzept als Mobilität: Man versucht, Tempo zu gewinnen, d.h. Möglichkeiten, einen sicheren Zug auszuführen, für sich zu erhöhen und für den Gegner zu erniedrigen. Man hat ein Tempo gewonnen, wenn man in einem Gebiet einen sicheren Zug mehr ausführen kann als der Gegner.

Weiß ist im folgenden Spiel am Zug:

Abb. 05

Mögliche Züge:
- Im Norden werden viele sichere Züge für Schwarz eröffnet.
- h6 lässt Schwarz den Zug auf g5. Weiß muss im Norden ziehen.
- g5 zwingt Schwarz mit dem Zug auf h6, einen neuen sicheren Zug bei h7 entstehen zu lassen. Schwarz hat dann keine sicheren Züge mehr, und Weiß gewinnt eine Ecke.

Quiet moves

Während der Eröffnung kann eine schwere Situation vorliegen. Dann ist es ratsam, einen "Quiet move" zu machen: Einen Zug, der das Spielfeld so wenig wie möglich beeinflusst, etwa nur die Farbe weniger innerer Felder ändert, so dass der Gegner vor einer ähnlichen Situation steht.

Bei einem "perfectly quiet move" ist der einzig neu entstandene "frontier" das gezogene Feld selbst. Im folgenden Diagramm wäre dies d3.


Abb. 06 Schwarz am Zug

Parität

Im Laufe des Spiels wird das Brett meistens in kleine Regionen leerer Felder aufgeteilt; typischerweise handelt es sich dabei um Gebiete von zwei bis sechs Feldern um eine Ecke. Derjenige, der den letzten Zug in eine solche Region machen kann, ist im Vorteil. Dazu betrachte man die Situation in Abbildung 07. Schwarz ist am Zug, und egal ob er nach h1 oder h2 setzt, er verliert 28-36. Wäre Weiß am Zug, müsste Weiß nach h2 setzen, Schwarz setzt nach h1 und bekommt beide Kanten. Das reicht zum Sieg.


Abb. 07

Im allgemeinen ist es von Nachteil, wenn man in eine Region mit gerader Anzahl von freien Feldern setzen muss, da der Gegner so den letzten Zug in dieser Region machen kann und dadurch einen Vorteil davonträgt.

Ein anderes Beispiel ist in Abbildung 08 zu sehen. Weiß ist am Zug. Die drei Möglichkeiten, die sich Schwarz im Moment bieten, sind alle fatal. Das Ziel von Weiß ist es also, so zu setzen, dass Schwarz keine neuen (besseren) Möglichkeiten bekommt, und dadurch ein Tempo zu gewinnen. Wenn Weiß nach b7 oder b8 setzt, überlässt es Schwarz zwar die Ecke in a8, hat selbst aber den letzten Zug in der südwestlichen Ecke und zwingt Schwarz zu einem der Züge g7, h2 oder h7. Damit hat Weiß praktisch gewonnen.


Abb. 08

Eine Situation, die sehr ähnlich aussieht, in der Weiß diese Züge aber nicht machen kann, ist in Abbildung 09 zu sehen. Weder b7 noch b8 helfen Weiß weiter. Schwarz nimmt die Ecke a8, aber Weiß kann trotzdem nicht den letzten Stein in dieser Region setzen!


Abb. 09

Generell gilt: Man sollte versuchen, den letzten Zug in einem Gebiet zu bekommen. Die Möglichkeit, überall den letzten Zug machen zu können, wird Parität genannt.


Die Strategietipps sind nicht allgemeingültig, dafür ist das Spiel viel zu komplex. Sie sollen eher Hinweise oder Anregungen sein. Jeder muss selbst lernen, einigen dieser Tipps in bestimmten Situationen Vorrang vor anderen zu geben.

Dieser Strategiefrüher entstand nach einem neunstündigen Othello-Kurs, bei dem 8 Mitglieder des CdE (Club der Ehemaligen der Deutschen Schülerakademie) unter Anleitung von Matthias Berg das Spiel und einige tiefgreifende Strategien erlernten.


© Matthias Berg 2000-2007
Othello Club Deutschland